Samstag, 24. Januar 2009
 
Tamilen-Rebellen militärisch und politisch schwächen PDF Drucken E-Mail
Geschrieben von Ralf Leonhard   
Freitag, 22. Juni 2007

Sri Lankas Außenamtssekretär Palitha Kohona kündigt neue Verhandlungsinitaitive an

In blutigen Gefechten, im Osten des Landes, bei denen mehrere Dutzend Rebellen gefallen sein sollen, versucht die srilankische Armee die Befreiungstiger von Tamil Eelam (LTTE) aus ihrer letzten militärischen Bastion in den Ostprovinzen zu verdrängen. Die ethnisch gemischten Provinzen an der Ostküste sind seit mehr als einem Jahr Schauplatz erbitterter Kämpfe um die militärische und politische Vorherrschaft. Bevor die Regierung wieder an den Verhandlungstisch zurückkehrt, will sie die LTTE aus dem Osten verdrängt haben. Das deutete auch Palitha Kohona, der Sekretär des Außenministeriums, Anfang der Woche bei einem Besuch in Wien an.


Laut Kohona, der bis vor kurzem als Friedenssekretär der Regierung fungierte, sucht die Regierung von Präsident Mahinda Rajapakse keinen militärischen Sieg: "Es gibt für diesen bald 25 Jahre alten Konflikt keine Lösung auf dem Schlachtfeld". Allerdings versucht sie die tamilischen Rebellen nicht nur militärisch, sondern auch politisch zu schwächen. Dabei gehen die Streitkräfte nicht zimperlich vor. Die Ermordung von Zivilisten, auch mehreren Mitarbeitern humanitärer Organisationen, werden der Armee zur Last gelegt. Bei ihren Angriffen attackiert die Luftwaffe auch immer wieder zivile Ziele. Mehr als 1000 Personen sollen verschleppt worden sein. Allein der US-Botschafter legte eine Liste von 380 Verschwundenen vor. Seit einigen Tagen wird auch der formal unabhängige tamilische Nachrichtendienst Tamilnet im Internet blockiert und der Herausgeber einer tamilischen Zeitung in Colombo erhielt Besuch von bedrohlich auftretenden Schlägern.

Auf internationalen Druck setzte der Präsident eine Untersuchungskommission ein, die ausgewählten Vorwürfen nachgehen soll. Sri Lanka wolle die Menschenrechte wahren, beteuert Kohona, der der singhalesischen Mehrheitsbevölkerung angehört. Und der Beweis, dass die Rechtsstaatlichkeit funktioniere, sei Anfang des Monats erbracht worden, als die Polizei mehrere hundert Tamilen aus Billigunterkünften in der Hauptstadt Colombo abführte und in Bussen wegbringen ließ. Diese Massenausweisung sei nicht nur von westlichen Regierungen, sondern auch im Lande selbst heftig kritisiert worden. Der Oberste Gerichtshof griff ein und stoppte die Aktion als verfassungswidrig. Auslöser war die Entdeckung eines mit Sprengstoff voll beladenen Lkw in der Hauptstadt. Man fürchtete einen Selbstmordanschlag der LTTE.

Die Forderung der LTTE nach Eigenstaatlichkeit oder einer autonomen Region mit hohem Grad an Selbstbestimmung will die Regierung nicht diskutieren. Auch die Zusammenlegung der gemischten Ostprovinzen mit dem fast rein tamilischen Norden sei kein Thema, bestätigt Kohona. Vielmehr arbeite man an einem Konzept, das allen 23 Provinzen eine gewisse Selbstverwaltung erlaube. In den Ostprovinzen soll es demnächst Wahlen geben. Daran will sich auch die sogenannte Karuna-Gruppe beteiligen. Sie spaltete sich vor drei Jahren von der LTTE ab und operiert teilweise unter dem Schutz der Armee gegen die ehemaligen Kameraden und deren Sympathisanten.

Um eine geeinte Position des Südens zu erreichen hat Rajapakse in den letzten Monaten seine Regierungskoalition erweitert und auch eine Reihe von prominenten Mitgliedern der größten Oppositionspartei UNP ins Kabinett kooptiert. Unter ihnen finden sich auch der ehemalige Verhandlungsführer G.L. Peiris, der 2002 das theoretisch noch immer gültige Waffenstillstandsabkommen zustande brachte, und der ehemalige Energieminister Karu Jayasuria, der Österreich um Unterstützung des Friedensprozesses gebeten hatte.

Diese Aufgabe wird vom Institute for Integrative Conflict Transformation (IICP) in Wien wahrgenommen.  In der sogenannten Österreich-Dialog-Gruppe versuchen Angehörige aller am Konflikt beteiligten Ethnien, Religionen und Gesellschaftsgruppen einerseits vertrauensbildende Maßnahmen zu setzen, andererseits Lösungsmodelle auszuarbeiten. Kohona würde sich wünschen, dass diese Gruppe verstärkt auf stille Diplomatie setzt und nicht auf öffentliche Veranstaltungen: "Irland ist ein klassisches Beispiel, wo stille Diplomatie zum Karfreitagsabkommen führte". Bisher hat der Konflikt über 60.000 Tote gekostet, mehr als 4000 allein seit dem Amtsantritt von Präsident Rajapakse im November 2005. Über 100.000 Menschen leben seit mehr als einem Jahrzehnt als Vertriebene in provisorischen Unterkünften.

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